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23. August 2017

Fünf Fragen an … Jens Vahlenkamp

Jens Vahlenkamp

Der Digitalisierungstrend in der maritimen Wirtschaft nimmt stetig zu, da in der Verknüpfung von realer und digitaler Welt eine Steigerung der Effizienz gesehen wird. Wir sprachen mit Jens Vahlenkamp, Sachverständiger für Reederei- und Schifffahrtswesen bei Acipio-Consult, über die mit der Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen und Risiken sowie Cybersicherheit in der maritimen Wirtschaft.

MCN: Herr Vahlenkamp, Acipio-Consult zeichnet sich durch ein breites Spektrum maritimer Dienstleistungen aus. In welchem Bereich sind Sie hauptsächlich tätig und was reizt Sie daran?

Vahlenkamp: Fast zehn Jahre lang war ich Geschäftsführer einer Reederei in Leer, diverser Schifffahrtsgesellschaften und eines Befrachtungsbüros in Bremen, daher kenne ich die Sorgen, Nöte und Probleme der Reeder sehr gut. Mit dieser Kenntnis haben wir bei Acipio-Consult unser Hauptaugenmerk auf die interdisziplinäre Vernetzung der Bereiche Assekuranz, maritime Dienstleistungen und Sachverständigentätigkeit gerichtet. Weltweit arbeiten wir mit über 300 Kooperationspartnern zusammen. Wir bringen Akteure an einen Tisch, die in der Praxis so nicht zusammenkommen würden, um aus verschiedenen Perspektiven Lösungen zu entwickeln. Unser Ziel ist es, einen ganzheitlichen Ansatz für die Unternehmen zu finden.

MCN: Auf welche Momente bei Acipio-Consult sind Sie besonders stolz?

Vahlenkamp: Wir haben es geschafft, die drei genannten Unternehmensbereiche miteinander zu verknüpfen und Wunschkooperationspartner gewonnen, die diese Philosophie teilen und unterstützen. Als noch junges Unternehmen haben wir so ein Produkt entwickelt, das den deutschen Reedern gerecht wird. Unsere Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung für Bereederer und Schiffsmanager hat gegenüber den englischen Anbietern deutliche Vorteile, weil sie zusätzlich zum englischen auch das deutsche Haftungsrecht berücksichtigt und nach dem Verstoßprinzip für Vermögensschäden aufkommt. Bei einem Vermögensschaden ist es nicht unwahrscheinlich, dass dieser erst Jahre nach der Ursache wirksam in Erscheinung tritt und festgestellt wird. Unser Produkt schützt die Versicherten deshalb über die Laufzeit des Versicherungsvertrages hinaus und ist zudem in der Regel deutlich günstiger. Dieses Produkt kommt sehr gut an und hat uns gezeigt, dass wir mit unseren Ideen richtig liegen.

MCN: Der Digitalisierungstrend in der maritimen Wirtschaft nimmt stetig zu, da in der Verknüpfung von realer und digitaler Welt eine Steigerung der Effizienz gesehen wird. Wie sollten Unternehmen den mit der Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen begegnen?

Vahlenkamp: Insbesondere der Schutz sensibler interner Daten und Kundendaten, die nicht durch eine Cyberattacke gestohlen oder verloren gehen dürfen, geht jedes Unternehmen an. So ein Schaden könnte einen nicht wieder gut zu machenden Image- und Reputationsverlust bedeuten. Wir sind häufig verwundert, dass Unternehmen zwar sensibler bezüglich Cybersicherheit werden, aber trotzdem noch sehr nachlässig damit umgehen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat im Rahmen einer Studie ermittelt, dass 69 Prozent der deutschen Industrieunternehmen in den vergangen zwei Jahren Opfer einer Cyberattacke wurden.

„Für die Sicherheit im Unternehmen ist der Mensch am Ende der Kette das schwächste Glied.“

Cybersicherheit ist somit ein Topthema der Geschäftsleitung und muss von dieser als Priorität in das Unternehmen gegeben werden – allein schon aus haftungsrechtlichen Gründen für die Geschäftsführung bei einer Cyberattacke. Die Mitarbeiter müssen dabei zwingend eingebunden, geschult und sensibilisiert werden, denn für die Sicherheit im Unternehmen ist der Mensch am Ende der Kette das schwächste Glied. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht. Unser ganzheitlicher Ansatz ist es, die Mitarbeiter in Unternehmen zu schulen und zu sensibilisieren, die Infrastruktur durch unsere Anti-Terror-Spezialisten zu testen und sichern zu lassen und zuletzt die richtige Cyber-Versicherung anzubieten.

MCN: Das aktuelle Beispiel der Cyber-Attacke von 17 Maersk-Terminals hat in der Branche für großes Aufsehen gesorgt. Viele KMUs sind dadurch stark verunsichert und überlegen, welche Risiken auf sie zukommen werden. Wie schätzen Sie ein, dass die maritime Wirtschaft im Norden bezüglich Cyber Security aufgestellt ist?

Vahlenkamp: Was wir bisher subjektiv feststellen konnten, ist, dass das Thema Cybersicherheit noch immer zu nachlässig behandelt wird. Seit den Angriffen von „Wanna Cry“ und „Petya“, von denen auch einige große Unternehmen wie Maersk oder die Deutsche Post betroffen waren und die es zu einer medialen Präsenz geschafft haben, ist die Aufmerksamkeit der Firmen mehr auf das Thema gelenkt worden. Ob daraus jetzt die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden bleibt abzuwarten. Wir haben nach den Cyberangriffen durch „WannaCry“ und „Petya“ reagiert, uns mit Experten aus der Konzernsicherheit und der Versicherungsbranche zusammengesetzt und Lösungen hierfür erarbeitet, die Unternehmen helfen, diese Risiken zu minimieren.

„Es ist ein fataler Irrglaube, dass es nur die großen Unternehmen erwischt.“

Es ist auf jeden Fall ein fataler Irrglaube, dass es nur die großen Unternehmen erwischt, weil es dort mehr Geld zu holen oder zu erpressen gibt. Schadsoftware verbreitet sich nach dem Zufallsprinzip und nicht gezielt in einer bestimmten Branche. Es ist heute für jedes Unternehmen wichtig, Maßnahmen für die IT-Sicherheit zu treffen und eine entsprechende Absicherung in Form einer Cyber-Versicherung zu haben. Zwar wird einem der Ärger und Aufwand dadurch nicht genommen, den man bei oder nach einem Cyberangriff hat, aber die zum Teil immensen Folgekosten gehen nicht vollständig zu Lasten des Unternehmens.

MCN: Acipio-Consult ist ein neues Mitglied im Maritimen Cluster Norddeutschland. Wie haben Sie die Angebote des Clusters bisher für sich nutzen können?

Vahlenkamp: Während meiner langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer für eine Reederei und als Mitglied des Reedervereins Ems-Dollart hatte ich schon früh Berührungspunkte zum MCN über das Maritime Kompetenzzentrum in Leer. Die branchenübergreifende Zusammenarbeit des MCNs über sein maritimes Netzwerk war faszinierend und letztendlich für uns der logische Schritt dem Cluster beizutreten. Über ein Netzwerk können sich die maritimen Partner am besten verständigen – und dieses Netzwerk bietet das MCN.

Seit unserem Eintritt als Mitglied im MCN haben wir viele Einladungen zu Veranstaltungen und Vorträgen wahrgenommen. Wir engagieren uns zudem aktiv in der Fachgruppe Maritimes Recht, da zu unseren Arbeitsschwerpunkten die zivil- und strafrechtliche Verantwortung von Organen sowie die Haftungsrisiken für Unternehmen gehören. Hier schließt sich in diesem Kontext dann wieder der Kreis zu den zuvor erwähnten Themen.
 

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Die MCN-Geschäftsstelle Bremen möchte in dem Themenfeld Cyber Security weiter sensibilisieren und wird Anfang 2018 in der Veranstaltung „Live Hacking in der Schifffahrt“ konkrete Hacking-Szenarien demonstrieren, um Reedereien zu motivieren über die eigenen IT-Systeme nachzudenken. Fragen zu dieser Veranstaltung beantwortet Ihnen Andreas Born per E-Mail an andreas.born@maritimes-cluster.de.
 

Über Jens Vahlenkamp

Jens Vahlenkamp ist Sachverständiger für Reederei- und Schifffahrtswesen sowie Gesellschafter der Versicherungsmaklergesellschaft Acipio-Consult in Bockhorn in Niedersachsen. Der Diplom-Betriebswirt arbeitete zuvor fast zehn Jahre als Geschäftsführer einer Reederei in Leer, diverser Schifffahrtsgesellschaften und eines Befrachtungsbüros in Bremen. Zudem war er unter anderem als Senior Consultant in einer Unternehmensgruppe mit den Schwerpunkten Unternehmensberatung, Industrieversicherungen sowie Beratung für wirtschaftsprüfende Berufe tätig.
vahlenkamp@acipio.de, www.acipio.de


Bildquelle: Acipio-Consult GmbH