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24. April 2025

Fünf Fragen an … Harald Hübner

Harald Hübner, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der in Kappeln ansässigen OFFCON GmbH, spricht Klartext – über die Zukunft der Offshore-Branche und über Innovations- und Markteintrittshürden für kleine und mittlere Unternehmen. Außerdem verrät er, wie australisches Fosters-Bier zur Geburtsstunde eines revolutionären Federungssystems für Schiffe beitrug.

 

Der Ausbau der Offshore-Windkraft ist ein zentrales Projekt der europäischen Energiewende. Doch zuletzt gab es Gegenwind: Projekte wurden aus sicherheitspolitischen Gründen gestoppt, bestehende Anlagen durch neue Parks beschattet. Hat die Offshore-Industrie ihren Zenit überschritten?

Ganz klar: Nein! Die Branche steht noch längst nicht am Ende – aber sie braucht vor allem eins: Verlässlichkeit. Eine zweite „Altmaier-Pause“ können wir uns schlichtweg nicht leisten. Das Habeck-Bashing im Wahlkampf war nicht nur unanständig – immerhin setzt die Union seine Politik nun fort – es war vor allem ein Bärendienst für Klimaziele, Energiewende und Industrie.

Was fehlt, ist eine langfristige, strategisch kluge Politik. Keine, die sich täglich nach den Facebook-Stimmungen dreht. Denn dieses Zaudern sorgt für Unsicherheit, verhindert Investitionen und treibt am Ende die Kosten. Verbindliche Zusagen hingegen senken mittelfristig die Strompreise und stärken unsere Unabhängigkeit von Öl, Gas und Kohle – das ist auch geopolitisch ein Gewinn.

 

Ihr Unternehmen OFFCON ist das älteste Offshore-Beratungsunternehmen Deutschlands. Was machen Sie heute – und wo sehen Sie Zukunftspotenziale?

Richtig, darauf sind wir auch besonders stolz! Seit über zehn Jahren beschäftigen wir uns hauptsächlich mit dem Thema „gefedertes Schiff“. Dafür haben wir 2021 das Tochterunternehmen Wallaby Boats gegründet und bereits den ersten Prototypen verkauft. Das Schiff fährt für die EnBW vom dänischen Hafen Klintholm aus in den Windpark Baltic 2.

Da bestehende Reedereien das Potenzial der Technologie noch nicht erkannt haben oder sich schlicht nicht trauen, Innovation zu wagen, übernehmen wir vorerst selbst den Betrieb dieser Schiffe. Langfristig wollen wir uns aber auf Entwicklung und Innovation konzentrieren und den operativen Betrieb abgeben.

 

Was genau steckt hinter dem Nauti-Craft Suspension System Ihrer neuentwickelten Wasserfahrzeuge – und warum ist es ein Gamechanger?

Das System stammt vom australischen Federungs-Papst Chris Heyring. Der hatte bereits Fahrwerke für GM, MAN und Mercedes entwickelt. Auch die meisten Sieger der Paris-Dakar Rallye waren mit Systemen von Chris’ Firma ausgestattet. Die Idee zur maritimen Anwendung kam ihm, so erzähle ich es gern, am Strand mit einem Fosters in der Hand. Er lieh sich von seinen Söhnen zwei Jetskis und bastelte daraus ein gefedertes Schiff. Aus dieser Idee entstand ein Demonstrator, der von Carbon Trust gefördert wurde. Der Rest ist Geschichte.

Die Vorteile des Systems sind enorm:

  • Geringere Beschleunigungskräfte an Bord bedeuten weniger Seekrankheit – die Leute bleiben einsatzfähig.
  • Sicherer Crew-Transfer: Weniger Bewegung beim „Boat Landing“.
  • Mehr Komfort: Die Schiffe legen sich wie Motorräder in die Kurve.
  • Stabilisierbares Chassis: Ideal für Kranarbeiten oder als Plattform für Drohnen und Sensoren.
  • Energiegewinnung durch Wellenbewegung: Wie bei der Rekuperation im E-Auto – spart Treibstoff.
  • Zentraler Vorteil ist aber, dass wir mit gefederten Schiffen bei erheblich mehr Seegang arbeiten können als herkömmliche Schiffe. Bisher wurde die eingesetzte Schiffsgröße über den Seegang definiert, bei dem das Schiff noch an der Windkraftanlage arbeiten konnte. Mit unserem System bestimmt nun die erforderliche Nutzlast die Schiffsgröße, was dazu führt, dass kleinere Schiffe eingesetzt werden können – das senkt Investitionsaufwand und Betriebskosten deutlich. Auch die Stillstandzeiten der Anlagen ließen sich mit gefederten, seegangsunabhängigeren Schiffen potenziell erheblich senken.

Ein weiteres Plus: In Zeiten zunehmender Bedrohung maritimer Infrastruktur lassen sich mit unserer Technik Sensoren, Effektoren oder Drohnen zu deren Schutz gezielt stabil einsetzen – und das mit wesentlich kleineren Schiffen als bisher nötig.

 

Als innovatives, aber im Vergleich zu großen Konzernen kapitalarmes Unternehmen – wie bringt die OFFCON Ihre Ideen auf den Markt und setzt sie dort durch? Welche Förderung gibt es, welche Hindernisse sind zu überwinden?

Ehrlich gesagt: Das ist unser größtes Problem. Der Staat unterstützt zwar durch Förderprogramme – aber: Die Zusagen taugen nicht als Sicherheit für Banken. Ohne private Sicherheiten kein Kredit – und die haben viele KMU schlicht nicht. Ein weiteres Problem sind Kostensteigerungen – etwa durch Covid oder technische Herausforderungen. Die sind bei Innovationen normal. Trotzdem darf die Fördersumme nie angepasst werden. Das ist paradox, denn die Förderung ist ja anteilig! So bringt man kleine Firmen in Existenznot. Das ist ein echter Innovationskiller.

Und dann: Wie kommen wir auf den Markt? Unser Produkt ist fertig, leistungsstark, besser als alles, was es gibt. Aber wir finden keine oder kaum Käufer. Reedereien schrecken vor antizipierten, aber nicht belegten Risiken zurück. Die Ausschreibungen sind oft zeitlich so knapp kalkuliert, dass man nicht mal rechtzeitig bauen könnte. Unsere Hoffnung? Investoren, die eine Flotte aufbauen. Oder Partner aus Fernost – auch wenn das die Verlagerung der Produktion bedeuten würde.

 

Warum sind Sie Mitglied im Maritimen Cluster Norddeutschland?

Das MCN ist eine tolle Community. Wir haben durch das Netzwerk von vielen Veranstaltungen erfahren, an Messen teilgenommen und wertvolle Kontakte geknüpft – vor allem durch Peter Moller aus der Geschäftsstelle Schleswig-Holstein.

Besonders wichtig für uns: die regionale Zusammenarbeit. Als wir das Spezialschiff WB-18 bauten, haben wir uns Lieferanten gezielt aus dem direkten Umland gesucht – erst Kappeln, dann im größeren Kreis. Das passt wunderbar zur Idee des MCN. Und das leben wir – ganz bewusst.

 

Über Harald Hübner

Harald Hübner ist Kapitän und Diplom-Ingenieur. 1989 gründete er gemeinsam mit Ralf Tewes in Wilhelmshaven die OFFCON GmbH, das erste deutsche Beratungsunternehmen für die Offshore-Industrie. Die OFFCON hat den Aufbau der nordeuropäischen Offshore-Windkraft mit einem breiten Angebot an Beratungs- und Ingenieursleistungen für den operativen Bereich und die Anlagenoptimierung begleitet. Aktuell liegt der Schwerpunkt des mittlerweile in Kappeln ansässigen Unternehmens in der Entwicklung und Vermarktung gefederter Schiffe für den Crewtransport und Arbeitseinsätze in Windparks. Bevor er sich mit OFFCON selbständig machte, arbeitete Hübner u. a. als Kapitän und Schiffsingenieur sowie fünf Jahre lang als Lufthansa-Pilot. Zuvor diente er als Marineoffizier und Minentaucher.